Nina Gromyko, Karl Hahn *

Angesichts der geopolitischen “Perestroika”, die wir derzeit weltweit im Zusammenhang mit den Wahlen in den USA durchleben, ist es sehr wichtig, dass die Völker verschiedener Länder, darunter Deutschland und Russland, ihre Vorstellungen voneinander korrigieren. Politiker, Politikwissenschaftler und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die diese Beziehungen gestalten, können sie in eine friedvolle Richtung oder aber in den Zustand einer immer größer werdenden Feindschaft lenken, aus dem es keinen Ausgang gibt.

Nicht zuletzt auf Grund der Unterscheidung zwischen Staat und „Land“ in Russland ist das Russland-Bild der Deutschen ein sehr einseitiges. Hinzu kommt, dass Umfragen zufolge, die Politik der deutschen Regierung gegenüber Russland keineswegs von einer überwältigenden Mehrheit der Deutschen gebilligt wird; also auch in Deutschland ist, wenn auch nicht in der Bedeutsamkeit wie in Russland, die Unterscheidung von Staat und Zivilgesellschaft hinsichtlich des Russland-Bildes von Relevanz. Unser Beitrag sollte als Versuch verstanden werden, dieses einseitige und inadäquate Russland-Bild zu korrigieren.

Wir haben unsere Festschrift geschrieben, um nur eine Frage zu beantworten: was war und was ist das ideale Bild über das jeweilig andere Land im Verhältnis «Deutschland – Russland»; was ist der ideale Inhalt, der heute für BEIDE Länder, für beide Völker, einschließlich der Völker Europas und der ganzen Welt, lebensrettend sein kann.

Russlands philosophisch, literarisch und wissenschaftlich gebildete Menschen, seine Intelligenz, wurden von Europa wie von einem Magnet angezogen. Auf das nahe gelegene Europa schauend fanden sie dort ihr zweites „Ich“; dort fühlten sie sich heimisch. Darüber hat F. M. Dostojewski beeindruckend geschrieben:

,,Einem Russen ist Westeuropa ebenso teuer wir Russland; jeder Stein dort ist ihm lieb und wert. (….) Oh, den Russen sind sie teuer, diese alten, fremden Steine, diese Wunderwerke des Altertums, diese Trümmer heiliger Wunderwerke; und sie sind uns sogar teurer als den dort Lebenden selbst!(F. M. Dostojewski Jüngling1).

,,Wir Russen haben doch zwei Vaterländer: unser Russland und Europa, und das selbst in dem Fall, wenn wir uns Slawophile nennen (…) Ich behaupte und wiederhole, dass jeder europäische Dichter, Denker, Philanthrop außerhalb seines Landes auf der ganzen übrigen Welt am tiefsten und innigsten nur noch in Russland verstanden und aufgenommen wird.(F. M. Dostojewski Tagebuch des Schriftstellers (1986, Juni)2).3

Aber auch viele Europäer suchten in Russland nach neuen Quellen der geistigen Entwicklung und Lösungen für die kaum lösbaren Probleme in Europa. Heute, nach der fatalen Zerstörung der gutnachbarlichen Beziehungen zwischen Russland und Europa, insbesondere zwischen Deutschland und Russland, stellt sich für die Russen die Frage, ob Europa und vor allem Deutschland auch heute noch das geistige Zentrum für Russland sein kann, wies es Deutschland für die russische Intelligenz immer war.

Was war es denn, das die russischen Menschen (oder Russen) in Europa und vor allem in Deutschland stets angezogen hatte? Welchen Traum von Europa haben wir noch und leben wir noch? Und was wird in Russland für die Europäer, insbesondere für die Deutschen, immer noch anziehend sein?

Kommentar von Karl Hahn

In der deutschen Öffentlichkeit wird das russisch-deutsche bzw. deutsch-russische Verhältnis vorwiegend als das Verhältnis zwischen dem russischen und deutschen Staat bzw. der russischen und deutschen Regierung wahrgenommen. Diese Wahrnehmung ist zumindest latent und partiell mit dem Selbstverständnis des Westens verbunden. Seit der Antike haben die Hegemonialmächte des Westens ihr Selbstverständnis und ihr Überlegenheitsbewusstsein durch die Abgrenzung, tendenziell durch die Ausgrenzung des Ostens konstituiert.

Erinnert sei diesbezüglich u. a. an das bis heute in unheilvoller Weise fortwirkende große Schisma des Mittelalters. Diese Ab-und Ausgrenzung gegenüber dem Osten ist gegenwärtig auch für das Verhältnis des Westens zu Russland sowie für das deutsch-russische Verhältnis relevant. Der damit verbundenen Wahrnehmung Russlands mangelt das Bewusstsein, dass im russischen Selbstverständnis die Unterscheidung von „Staat“ und „Land“ als der religiös und geistig geprägten nationalen Gemeinschaft der Russen von grundlegender Bedeutung ist. Diese Wirklichkeit erfährt jedoch nur der, welcher in Russland mit ihren Repräsentanten in Beziehung kommt. Dies war mir durch meine Lehr- und Vortragstätigkeit sowie vielen Gesprächen in Kaliningrad, Rjasan, Moskau und Iwanowo ermöglicht. Ich durfte die Erfahrung machen, dass dort meine Ausführungen als Politikwissenschaftler eher Verständnis erlangten, als partiell bei Kollegen in wissenschaftlichen Veranstaltungen in Deutschland. Ich fühlte mich dort in der Tat manchmal wie zu Hause. Auf das Verständnis dieser Wirklichkeit war ich durch Studien der Geschichte, Literatur und Kunst sowie Philosophie Russlands an den Universitäten Tübingen, München, Berlin und Münster vorbereitet. Die Intention dieses Beitrags besteht nun darin, die Bedeutsamkeit des o. e. russischen Selbstverständnisses zu Bewusstsein zu bringen und dadurch ein adäquateres Wahrnehmen des russisch-deutschen Verhältnisses zu ermöglichen.

Kommentar von Nina Gromyko

Seit vielen Jahren beschäftige ich mich zusammen mit Kollegen mit der Entwicklung des russischen Bildungssystems. Wir stützen uns auf den Tätigkeitsansatz zur Denkentwicklung und Tätigkeitsepistemologie, einerseits rekurrierend auf die Lehre hervorragender russischer Gelehrter wie den Philosophen und Methodologen G. P. Shchedrowizki und den Psychologen W. W. Dawydow, andererseits J. G. Fichtes Transzendentalphilosophie rezipierend. Meine persönliche philosophische Entwicklung ist mit der Begegnung mit der deutschen Kultur, mit den deutschen Philosophen verbunden. So wie viele unserer herausragenden russischen Wissenschaftler, Politiker, Dichter und Philosophen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ihre Ausbildung an deutschen Universitäten erhielten, habe ich nach dem Abschluss meines Promotionsstudiums über das Problem der Freiheit in Fichtes Philosophie (mit Prof. phil. W.W. Sokolow) auch meine „Universitäten“ gehabt.

Die Zeit meines philosophischen Werdens waren die neunziger Jahre. Dies war eine Zeit, in welcher Russland und Deutschland in einem ganz offenen Verhältnis zueinander standen, und man konnte meinen, dass das Schlimmste, was zwischen unseren Ländern passiert war, endlich in der gemeinsamen Intention zur Schaffung einer neuen, friedlichen, glücklichen Zukunft vergessen werden könnte, in der die ganze Menschheit danach streben kann, den Raum für eine grenzenlose, gemeinsame Entwicklung eines Vereinigten Europas, in dem auch Russland einbezogen wird, zu schaffen. (Vgl. dazu: Tilliette, Xavier „Europa des Geistes und der Geister“: „Ohne einen europäischen Geist, der vorläufig noch sehr leise weht, ist eine gemeinsame Politik undenkbar. Doch ist ein politischer Aufbruch erforderlich und unumgänglich. Außerdem öffnet nun der Sturz des Kommunismus und des eisernen Vorhangs neue, vielversprechende Perspektiven, die aber die Vorgänge im Westen bremsen werden. Da die Teilung zwischen und Ost und West jetzt überbrückt ist, ist es ratsam, Ost-Europa in den Prozeß einzubeziehen.“4Die Konfrontation muß der Solidarität den Platz überlassen.“5 Doch welcher Politiker im Westen hat diesen Rat eines Philosophen beachtet? Leibniz‘ diesbezügliche prophetische Warnung wird immer noch nicht vernommen. Dies befürchtete auch X. Tilliette: „Nun sind Machtverhältnisse aber bestimmender, auch auf dem wirtschaftliche Gebiet!6)

Jedenfalls war es so, als ich auf Einladung der von dem Lauthschüler Karl Hahn geleiteten Münsteraner Arbeitsstelle für Interdisziplinäre Deutschland- und Europaforschung (AIDE) an einer Reihe von internationalen Konferenzen und Workshops teilnahm, in denen über die Zukunft Europas und das europäisch-russische Beziehungsverhältnis diskutiert wurde. Von Reinhard Lauth waren in den fünfziger Jahren zwei große Arbeiten erschienen: Die Philosophie Dostojewskis (München 1950)7 und Die Frage nach dem Sinn des Daseins (München 1953)8. Beide Arbeiten sind eng miteinander verbunden. Die Suche nach der geistig-philosophischen Entsprechung zu Dostojewski hat Lauth im Erbe der eigenen Kultur, in der kaum in ihrer vollen Bedeutung erkannten Philosophie gefunden, welche der ganz anderen Entwicklungslinie europäischer Kultur entstammte und möglicherweise eine Wiederholung der unheimlichen Katastrophe, die mit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg verbunden ist, hätte vermeiden können. Es war Fichtes Lehre vom absoluten Wissen als Erscheinung Gottes.

Ich habe das Glück gehabt, eine ganze Reihe von Vertretern der von Lauth gegründeten Münchner Schule der Transzendentalphilosophie persönlich kennenzulernen: H. Gliwitzki, E. Fuchs, F. Bader, K. Hahn, H. Girndt, P. Schneider. Diese Konstellation von Denkern war eigentlich der Magnet, der uns nach Deutschland zog – unser Kreis junger Wissenschaftler, die sich zusammengeschlossen hatten, um eine neue Ausbildung in Russland aufzubauen, und der Kreis unserer Lehrer, unter denen nicht nur G.P.  Shchedrowizki und W. W. Dawydow, sondern auch viele andere prominente russische Wissenschaftler waren.

Für mich kam es durch die Bekanntschaft mit Lauth zu einer Annäherung der zwei Archipele, zwei vernetzte Universitäten, zwei intellektuelle Gipfel, die damals in Deutschland und Russland existierten. Die Grundidee, nach der wir uns bei der Entwicklung des Projektes für den Aufbau einer neuen Art der Bildung richteten, hatte W. W. Dawydow formuliert: man kann alle Kinder lehren, zu denken, ohne Ausnahme, beginnend bereits mit der Grundschule. Was bedeutete das für uns? Dies bedeutete, dass alle Menschen, unabhängig von ihrem materiellen und sozialen Status, in den Raum des Geistes aufgenommen werden können und sich auf die großen Muster der Denkens-Kultur verlassen, um diese Kultur weiter zu entwickeln.

Zu Beginn der 90er Jahre war in Russland immer noch das Hegel-Paradigma der Entwicklung der Wissenschaften, der Entwicklung des Denkens, der Philosophie stark. Hegels Lehre diente als Stütze für jene großen Gelehrten, die in einen Kampf gegen den dogmatischen Marxismus (E. W. Iljenkow, N. G. Kusnezow, S. P. Bаtischew, W.W. Dawydow et Al.) traten. Hegels Ansatz wurde als Grundlage für diejenigen genommen, die sich ernsthaft für das Denken, die Möglichkeiten seiner Reproduktion und Entwicklung in der Gesellschaft interessierten.

Aber uns hat Hegel aus sehr vielen Gründen nicht zufrieden gestellt. Und dank der Genialität von G. P. Shchedrowizki haben wir, noch vor dem Treffen mit R. Lauth, verstanden, dass die Alternative zu Hegels Programm der Entwicklung der europäischen Philosophie und Kultur im allgemeinen, Fichtes philosophisches Programm der Entwicklung der Wissenschaften – seine Wissenschaftslehre – sein könnte, das auf ganz anderen Prinzipien, als die Hegels, begründet wurde.

Im Gegensatz zu Hegel wurde Fichte in Russland bis in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts wenig übersetzt. Wir lasen ihn hauptsächlich in Übersetzungen aus der Zeit vor der Revolution. Dementsprechend blieb Fichte in Russland im Vergleich zu Hegel nur sehr wenig erforscht.

Die Treffen mit den Vertretern der Münchner Schule der Transzendentalphilosophie waren eine Begegnung mit einem ganz neuen, einem hochintelligenten, freien Deutschland. Als ich mich in Deutschland, in München und Münster, in Vechta und Hannover anlässlich des X. Internationalen Leibniz-Kongresses, aufhielt, machte ich die Erfahrung, über die Grenzen meines „Ich“ hinauszugehen. Dort, außerhalb der eigenen Heimat, war unendlich viel Heimatliches und Freundliches. Diese herzliche Einstellung gegenüber Russland, ja Liebe zu Russland und Glaube an Russland, wurde mir in Gesprächen mit Lauth und seinen erwähnten Schülern offenkundig. Speziell in den Gesprächen über Russland und seine Bedeutsamkeit für Europa habe ich gleichsam Russland wiederentdeckt und mir wurde das Wichtigste, was wir haben, offenkundig, das wir aber oft von Innen selbst nicht sehen, nicht erkennen und nicht schätzen. In diesen Gesprächen haben wir als Realisten selbstverständlich auch unsere Fehler und die daraus resultierenden politischen Konflikte und Ambivalenzen kritisch reflektiert.

Fichte und Hesychasmus

Fichtes Philosophie ist für Russland in religiöser Hinsicht sehr bedeutsam, insbesondere hinsichtlich des Hesychasmus, der Hesychasmuspraxis, welche die Grundlage der Orthodoxie, der orthodoxen Askese darstellt. Sie versteht sich als eine Vorbereitung des Bewusstseins für die Gottesanschauung, Gotteserkenntnis, mit dem Ziel der Vergöttlichung des Menschen. Dieser orthodoxe Platonismus sowie die orthodoxe Mystik gehen auf die Lehre des heiligen Gregor Palamas zurück. Moderne Anthropologen wie zum Beispiel der synergistische Anthropologe S. S. Horuzhi, der beste russische Kenner und Dolmetscher Gregor Palamas, vertreten die Ansicht, die Vergöttlichung des Menschen durch einen Aufstieg zu Gott sei nur durch die innerlich-anschauliche Gebetspraxis möglich, nicht jedoch im theoretischen Denken. Letzteres lehrt jedoch Fichte. Seine Methode und Lehre sind deshalb etwas, das der Tradition des Hesychasmus sehr nahe steht. Mit Fichtes WL 1805 haben wir einen Text, in dem der Aufstieg zu Gott durch theoretisches Denken begründet und beschrieben ist.

Dort ist das Hauptproblem, das Fichte löst, folgendes: Wie und unter welchen Bedingungen kann der Prozess der Vergöttlichung durchgeführt werden. Fichte vertritt entschieden die Position, dass theoretisches Denken und Wissen die wichtigsten Werkzeuge sind, um den Menschen auf die Ebene der persönlichen Kommunikation mit Gott zu führen und damit die wichtigsten Mittel seiner Vergöttlichung. In der WL 1805 wird der philosophische Aufstieg des Menschen zu Gott beschrieben, der von einer Veränderung der eigenen anthropologischen Form des Lesers begleitet wird. Die Aufstiegsstufen werden als verschiedene Ebenen der theoretischen Einsicht und des anthropologischen Aufstiegs beschrieben. Der Prozess des Aufstiegs erfordert dementsprechend vom Leser Bewegungen in drei Schichten gleichzeitig: logisch als Arbeit mit der kategorialen Begriffsform, phänomenologisch und anthropologisch mit einer Reihe von Bewusstseinszuständen. Diese drei Linien, die in ihrer inneren aufeinanderfolgenden antithetischen Entfaltung synthetisch zusammengeführt werden, stellen drei Seiten des absoluten Wissens als Erscheinung Gottes dar. Wichtig ist zu berücksichtigen, dass jede der Linien auf ihre je eigene Weise eingesetzt wird. So ist die Arbeit mit der phänomenologischen Schicht nicht der logisch-kategorialen untergeordnet, sondern autonom. Die phänomenologische Schicht ist als solche leicht zu erkennen, denn sie ist mit der Problematik des Lichts als des konstituierenden Prinzips des Wissens im Bewusstsein verbunden.

Woher kommt das Licht? Das Licht, das Aufblitzen des Lichts, geschieht, so Fichte, in dem Moment, in welchem das Bewusstsein auf das Absolute trifft. Das Bewusstsein existiert für das Bewusstsein als Licht. Und das Licht ist nichts anderes als die Art der Existenz des Absoluten selbst oder Gottes. „Gott existiert nichtim Lichte … sondern Gott existiert als Licht; u. zwar als absolutes, sich selbst schlechthin erzeugendes Licht. Nicht in, sondern als – Sein Existieren ist erzeugen des Lichtes“.9 Das Licht ist der Fluss des Lebens, in dem das Absolute schwimmt. Die Blitze geistigen Lichts in uns, die in unserem Bewusstsein durch energisches Denken entstehen, bestätigen das Moment unserer unmittelbaren Gegenwart in Gott, der als Lichtstrom existiert.

Fichtes Philosophie des Lichtes in der WL 1805 rückt dieses Werk der orthodoxen Tradition mit ihrem Begriff des Taborlichts außerordentlich nahe. Dieses Verständnis erforderte selbständige philosophisch-anthropologische Vergleiche von WL 1805 mit der orthodoxen Tradition, vor allem mit der Lehre von Gregor Palamas, mit modernen anthropologischen Ansätzen, die die Linie des Hesychasmus fortsetzen. Dies geht jedoch über den Rahmen dieses Beitrages hinaus.

Fichtes WL 1805 erweist sich als die stärkste Problematisierung des Protestantismus – und zwar aus dem Inneren des Protestantismus selbst heraus; in der protestantischen Tradition gibt es doch vor Fichte keine Vision vom ungeschaffenen Licht. Dieses Werk verändert unsere Vorstellungen über den Deutschen Idealismus tief, der als eine Erscheinung ausschließlich von der Rationalität das 19. und 20. Jahrhundert beherrscht wurde. Fichtes Denken kann als eine Übergansform zur Sphäre des Überrationalen verstanden werden, zur Ebene der eigentlichen personalen Interaktion mit Gott. Eröffnet die beschriebene Linie der Annäherungen und Vergleiche nicht auch eine religiöse Annäherung unserer Völker ohne die harten Abgrenzungen, die mit den Gegensätzen zwischen Orthodoxie und westlichem Christentum verbunden sind?

Fichte und Dostojewski

Von außerordentlicher Bedeutsamkeit ist Fichtes Philosophie auch für das Verständnis von Dostojewskis „Russischer Idee“. Fichtes Konzeption der „höheren Sittlichkeit“ zufolge, die Kants Formalismus und abstrakten Idealismus und insbesondere die Aufklärungsphilosophie, den „Fanatismus der Verkehrtheit“10) zumindest partiell und tendenziell überwindet, ist jedem Einzelnen die Erfüllung eines ganz konkreten Ideals aufgegeben. Diese Aufgabe kennzeichnet seine kreative Originalität, deren Imperativ lautet: Handle wie niemand! Erfülle die dir aufgegebene konkret ideale Aufgabe! Die außerordentliche Bedeutsamkeit der Einsicht Fichtes besteht nun darin, dass auch die einzelnen Völker besondere konkret ideale Aufgaben in der Geschichte zu erfüllen haben. (Vgl. dazu die achte Rede der Reden an die deutsche Nation 11; sowie zum Verhältnis Dostojewskis zu Fichte: Lauth, R. „Dostojewskis Traum eines lächerlichen Menschen” als Auseinandersetzung mit Rousseau u. Fichte 12.)

Diese Einsicht ist nun für das Verständnis von Dostojewkis „Russischer Idee“ insofern von besonderer Bedeutsamkeit, als sie nicht als eine durch die geschichtliche Situation bedingte Ansicht oder Meinung eines politisch engagierten Romantikers abgetan werden kann. Durch die wechselseitige Bestätigung von Fichtes und Dostojewskis Bestimmung des Nationalen erhöht sich deren Bedeutsamkeit enorm und dies gerade für Gegenwart und Zukunft. Der Kerngedanke von Dostojewskis Puschkinrede war ja, durch Puschkin sei deutlich geworden, dass die nationale Eigenart des russischen Volkes darin bestehe, dass seine qualifizierten Repräsentanten nicht nur die spezifisch russische Kultur, sondern auch die Kulturen der anderen europäischen Völker verstehen und darstellen könnten. Deshalb sei es Aufgabe des russischen Volkes, die europäischen Völker zu versöhnen und gewaltfrei zu vereinen. Obwohl die gegenwärtige internationale Lage dem diametral entgegengesetzt ist, bleibt diese göttliche Bestimmung bestehen. Und das russische Volk als „Gottträger- oder Christophorusvolk“ bleibt in normativer Potentialität Hoffnungsträger seiner eigenen Zukunft wie der Zukunft der anderen europäischen Völker.

(Es ist für die westliche Optik kennzeichnend, dass in keinem einzigen Beitrag in „Das geistige Erbe Europas“13 die Bedeutsamkeit des russisch-europäischen Erbe und die daraus resultierende Aufgabe des russischen Volkes erwähnt wird. X. Tilliette erinnert lediglich „an Dostojewskis Traum Europas, dessen schönste Fassung sich im Jüngling findet: Der Schriftsteller deutet Claude Lorrains Gemälde Das goldene Zeitalter (in der Dresdner Gemäldegalerie) als die untergehende Sonne des letzten Tages der europäischen Menschheit, <<man hörte für Europas Begräbnis die Totenglocke läuten>>. Iwan in die Brüder Karamazow spricht von seiner Abfahrt nach Europa. <<Ich weiß, daß ich mich nach einem Friedhof begebe, aber er ist der liebste unter den Friedhöfen.>>“14)

Dostojewski idealisiert keineswegs das russische Volk hinsichtlich seiner historisch-empirischen Faktizität. Im Tagebuch eines Schriftstellers schreibt er: „Richtet das russische Volk nicht nach seinen Fehlern und Lastern, sondern beurteilt es nach seinen großen und heiligen Idealen, nach denen es in seinem Schmutze lechzt. Und es gibt in unserem Volk nicht nur Schurken und Verbrecher, sondern auch Heilige, die uns voranleuchten und unser Dunkel erhellen! Und ich glaube tief und fest, dass es bei uns keinen Schurken gibt, der nicht wüsste, dass er schlecht und gemein ist. Bei den anderen Völkern ist es anders: wenn dort jemand eine Gemeinheit vollführt, so erhebt er sie zum Prinzip, bejaht sie, behauptet, dass in ihr die Ordnung und das Licht der Zivilisation läge15. Die Bedeutsamkeit der Aussage, „es gibt in unserem Volk …. Heilige, die uns voranleuchten und unser Dunkel erhellen!“ wird offenkundig, wenn gefragt wird, ob ein Repräsentant der westlichen, säkularen Nationen, von Charles Péguy abgesehen, solch eine Aussage überzeugt und überzeugend machen könnte. Und was die durchaus kritikwürdige Politik des russischen Staates anlangt, könnte diesbezüglich doch gefragt werden, ob sie nicht durch die fatale Politik westlicher Staaten zumindest partiell und tendenziell bedingt und induziert war und immer noch ist. Bekanntlich war es die preußisch-deutsche Regierung, die Lenins Machtergreifung in Russland ermöglicht hat. – Sie hat, nebenbei bemerkt, auch Hitlers Machtergreifung ermöglicht. – Und ist nicht auch das gegenwärtige staatliche Regime in Russland durch Amerikas fatale Politik bedingt und induziert? Und ob das von Amerika abhängige Europa, welches diese Politik Amerikas mitträgt, deren Fatalität je entkommen wird, ist doch sehr fraglich. (Auch X. Tilliette betont: „Durch eine gerechte Umkehrung der Dinge und die Wirkung eines immanenten Gesetzes (sc. der Geschichte) ist Europa heute in die Defensive gedrängt.“16)

Dostojewskis wie Fichtes Verständnis des Nationalen impliziert eine fundamentale Kritik okzidentaler Rationalität. So kritisiert Fichte in seinen Reden an die deutsche Nation ausdrücklich die genozidale Liberalität und Humanität des Westens: „Bis zu ihrem höchsten Grad entwickelt sich die Selbstsucht, wenn, nachdem sie erst mit unbedeutender Ausnahme die Gesamtheit der Regierten ergriffen hat, sie von diesen aus sich auch der Regierenden bemächtigt und deren alleiniger Lebenstrieb wird. Es entsteht einer solchen Regierung …. Nach innen jene weichliche Führung der Zügel des Staats, die mit ausländischen Worten sich Humanität, Liberalität und Popularität nennt“ (Erste Rede). Die Selbstsucht ist Fichte zufolge „die Wurzel aller andern Verderbtheit“. (Vgl. dazu auch X. Tilliette: „Einstmals hatte Fichte, mit noch mehr Glanz (sc. als E. Husserl) und heftig polemischen Tönen, das historische Schicksal an die Vernichtung verderblicher und heuchlerischer Philosophien und an den Triumph der johanneischen Philosophie geknüpft. Aber er hatte nicht hingewiesen auf Europa als einzigen Träger des Geistes. … Husserl für seine Person verbindet das Los Europas unmittelbar mit dem der Philosophie.17 )

In Ergänzung zu Fichtes Kritik könnten weitere kritische Ausführungen namhafter Wissenschaftler angeführt werden. Erwähnt sei nur Georg Simmels treffende Charakterisierung modernen Daseins in seiner „Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung“: „Die letzten Jahrhunderte haben einerseits den objektiven Interessen, der dinglichen Kultur eine Ausbildung von sonst unerhörter Macht und Selbständigkeit geschaffen, andrerseits die Subjektivität des Ich, das Sich-selbst-Gehören der individuellen Seele ebenso unerhört vertieft. Dies scharf differenzierte Sach- und Selbstbewußtsein des modernen Menschen läßt die Kampfform der Konkurrenz wie für ihn geschaffen erscheinen. Hier ist die reine Objektivität des Verfahrens, die ihre Wirkung ausschließlich der Sache und ihren gesetzlichen Wirkungen verdankt, unter völliger Gleichgültigkeit gegen die dahinter stehende Persönlichkeit. Und doch ist hier die volle Selbstverantwortlichkeit der Person, die Abhängigkeit des Erfolges von der individuellen Kraft, und gerade weil ihr persönliches Können gegen persönliches Können von ganz unpersönlichen Mächten abgewogen wird. Die tiefsten Tendenzen des modernen Lebens, die sachliche und die personale, haben in der (sc. gnadenlosen) Konkurrenz einen ihrer Treffpunkte gefunden und so ihre Entgegengesetztheiten als einander ergänzende Glieder e i n e r geistesgeschichtlichen Einheit (sc. der modernen Welt als der – Péguy zufolge – einzigen Welt ohne jede Spiritualität) erweisen.“18

Dostojewskis Kritik okzidentaler Rationalität, die in ihrem konsequent aufklärerischen Vollzug universale Herrschaftspotenzen verheißt, wird von der Liebesethik des orthodoxen Christentums genährt, welche zu einer ethisch durchdrungenen, gemeinschaftlich orientierten Lebensführung auffordert. Ihr zufolge werden die Menschenrechte nicht primär als liberal-individualistische Anspruchsrechte verstanden, ihnen sind vielmehr, wie auch Simone Weil in ihrer Kritik der westlichen Menschenrechts-Konzeption betont, sozialethische Pflichten vorgeordnet. Den Ursprung okzidentaler Herrschafts-Rationalität sieht Dostojewski in der Römischen Idee und dem Römischen Recht, in „Roms Weltgedanken, den Menschen auf der ganzen Erde zu beherrschen, moralisch wie materiell“.19 Und auch die Erklärung der zugleich abstrakt-individualistischen wie abstrakt universalistischen Menschen- und Bürgerrechte erweise sich als eine ihrer typischen Ausprägungen neben dem römischen Katholizismus, der westlichen Staatlichkeit, den Eigentumsverhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft20 und dem liberalen Kapitalismus sowie dem ökonomistisch-materialistischen Sozialismus, denn zur Gewährleistung der subjektiven Rechte werde der Machtstaat mit seinem Gewaltmonopol institutionalisiert. Im Gegensatz dazu seien bei den meisten Kulturvölkern der Antike und des Mittelalters die sozialen und politischen Gemeinschaften die Träger der originären Wirklichkeit des Rechts und der Gerechtigkeit gewesen.

Sobornost als Alternative zu der westlichen Menschenrechtskonzeption

Dostojewski markiert mit seiner „Rede über Puschkin“ (8.Juni 1880) den Höhepunkt des zivilisatorischen Selbstbewusstseins des russischen Volkes. Aber es wäre falsch zu denken, dass zwischen Puschkin und Dostojewski niemand mehr war, dass niemand mehr außer ihnen in Russland über die Gründe der Ähnlichkeit und Unterschiede zwischen Russland und Europa, Russland und Deutschland nachgedacht hat, dass niemand mehr Konzepte entwickelt oder vorgebracht hat, die es erlauben, die Beziehungen zwischen Europa und Russland anders als heute zu bauen. In diesem Zusammenhang ist es unmöglich, die Person F.I. Tjutschew (1803 – 1873) zu umgehen, der im Vergleich zu Dostojewski im Westen noch fast unbekannt ist.

Tiutchev – Von Sergei Lwowitsch Lewizki – Wikimedia

F.I. Tjutschew war Dichter, Philosoph, Diplomat, Publizist, Wissenschaftler- ab 1857 korrespondierendes Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften. Über 20 Jahre seines Lebens, von 1822 bis 1844, verbrachte er in Deutschland. Er war persönlich bekannt mit vielen hervorragenden Dichtern und Denkern Europas, einschließlich Schelling und Heine. Tjutschew hat sich auch als Übersetzer deutscher Dichter wie Heinrich Heine, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller und anderer verdient gemacht. Er ist eine ebenso bedeutende Persönlichkeit der russischen Kultur, wie Puschkin, Gogol, Dostojewski und Tolstoi.

F.I. Tjutschew ist Autor des Traktats «Russland und der Westen», in dem die Fragen ihrer widersprüchlichen Existenz betrachtet werden, sowie einer Serie von Artikeln, die zu diesem Thema erschienen sind. In einem dieser Artikel «Russland und Deutschland”, der eine ungeheure Wirkung auf Zar Nikolaj I gemacht hatte, wurde Folgendes gesagt:

Lange Zeit waren die Vorstellungen von Russland ähnlich denen der Zeitgenossen von Kolumbus über die Neue Welt. Es war derselbe Irrtum, dieselbe optische Täuschung. (…) Doch endlich hatte das Schicksal sich vollendet, die Hand des Riesen riβ den Schleier herunter, und das Europa Karls des Groβen sah sich von Angesicht zu Angesicht dem Europa Peters des Groβen gegenüber!21

Laut Tjutschew ist Russland nicht einfach Europa, sondern es ist wirklich die Mitte Europas. Sein echtes Wesen, seine Seele, mehr noch seine christliche, als die Seele Europas, war über viele Jahre für Europa aus verschiedenen Gründen verborgen geblieben.

Der Westen und Russland – zwei christliche Zivilisationen. Darin sind sie wesensverwandt. Und sie sind doch entgegengesetzt, weil sie das Christentum verschieden verstehen. Im Westen mehr als 20 Jahre lebend, das Leben Europas von innen beobachtend, stellte Tjutschew die Frage: inwiefern ist das Christentum hier wirklich lebendig? Und er kam zum Schluss: der Westen hat das Christentum als formale Praxis von Handlungen und Ritualen, wie eine erstarrte Kultur und Zivilisation verwirklicht, doch Russland demgegenüber hat das Christentum als lebendige Erscheinung in lebendiger Tradition als Kultur bewahrt.

Dieser Erklärung ist Tjutschews Artikel «Rom und Russland» gewidmet. In ihm sagt Tjutschew, dass der Westen das Imperium nach dem Idealbild des vergangenen Römischen Reichs baute. «Zum Moment der Bildung der Staatlichkeit im Westen hatte das Westliche Römische Reich mit der Hauptstadt in Rom aufgehört, zu existieren. Das Zentrum der Staatlichkeit ist nur im Oströmischen Reich mit der Hauptstadt Konstantinopel erhalten geblieben. Die großen russischen Fürsten haben die christliche kaiserliche Macht, so F.I. Tjutschew, von den lebendigen römischen Kaisern, durch die heiligen Sakramente der  Salbung zum Kaiser, in der unmittelbaren Kommunikation und der Wechselwirkung mit ihnen, nicht aufgrund der imaginativ rekonstruierten Aufzeichnung der Manuskripte von den Lateinern, bekommen.»22 «Byzanz, das Byzantinische Imperium war ein lebendiges Muster, mit dem sich Russland im Dialog befand».23

Dieser Gedanke über die lebendige Linie der Übertragung der christlichen Reichsmacht von Byzanz an Russland ist für das Verständnis der geopolitischen Konzeption von Tjutschew insgesamt sehr wichtig.

Tjutschews geopolitische Konzeption gründete auf der Idee der drei Russland. Erstens ist in geschichtlicher Hinsicht Russland in Tjutschews Gegenwart voll von verschiedenen positiven und negativen Ereignissen. Zweitens ist Russland ein Befreier-Russland: Es ist der Befreier Europas aus der Okkupation Napoleons, der Befreier der slawischen Völker, der ganzen slawischen Welt. Es ist das konsequent sich fortsetzende und sich seit zwei Jahrhunderten realisierende Projekt Peters des Großen, welcher der Welt bewies, dass es neben dem ersten Europa noch ein zweites Zentrum der weltweiten Entwicklung gibt, Russland als ein zweites Europa. Und das Projekt eines dritten Russland ist das Projekt der Umgestaltung und der Vereinigung der authentischen christlichen Ausprägungen des ersten Europa und Russlands als dem zweiten Europa. Russlands Hauptmission bestehe in der Überwindung der Kirchenspaltung zwischen orthodoxen und katholischen Christen, in der Vereinigung der verschiedenen Zweige des Christentums, in der Wiederherstellung der lebendigen Praxis des Christentums als der allgemeinen Grundlage der lebenswichtigen Konstitution der ganzen Welt. Dies könne auf der Grundlage der Konziliarität oder Katholizität gelingen.

Diesen Begriff hat der Slawophile Alexei Stepanowitsch Chomjakow in die russische Philosophie eingeführt. Er hatte ihn aus der kirchlichen Praxis entlehnt. In ihr bedeutet Katholizität Einheit, Ganzheit der Kirche, die Einigkeit aller ihrer Mitglieder unter Christus, dem Haupt der Kirche. Diesen Begriff hat Tjutschew wie Chomjakow auch bezüglich anderer Arten der Praxis des weltlichen Lebens entwickelt. In Tjutschews Poesie war gerade dieses Prinzip verwirklicht. Die Katholizität ist Tjutschew zufolge gekennzeichnet als <<der sehr feine Rand zwischen der Zugehörigkeit zum Allgemeinen, in welchem du dich befindest, einerseits und andererseits der eigenen einzigartigen Persönlichkeit. Der Mensch hält die Verbindung mit anderen als einzigartigen Persönlichkeiten wie er fest. Er versucht, seine Einzigartigkeit maximal zu äußern und zu behaupten.“24

Wenn die Russen von Zivilisationsidentität sprechen, meinen sie dabei nicht den zur Zeit im Westen sehr häufig gebrauchten Begriff der Zivilgesellschaft. Für das russische Selbstverständnis ist die Differenz zwischen „Staat“ und „Land“ sehr wichtig, ja von grundlegender Bedeutung.

Diese Differenz zwischen “Staat” und “Land” gibt es im westlichen Europa nicht.

Im westlichen Europa haben sich die liberalkapitalistischen Wirtschaftsgesellschaften neben den Staaten gebildet, die jedoch mit den Staaten eng verbunden sind, deren Oligarchen die Staaten partiell und tendenziell beherrschen.

Gegenüber diesen staatlich-wirtschaftlichen Herrschaftssystemen haben sich Non-Profit-Gruppen und –Organisationen gebildet, die nun “Zivilgesellschaft” genannt werden und durchaus zunehmend Bedeutung erlangen. Aber die Bildungs- und Wissenschaftssysteme gehören nicht dazu; sie gehören eher dem staatlich-wirtschaftlichen System.

Es ist wichtig zu verstehen: für das russische Selbstverständnis gibt es nicht die Differenz zwischen “Staat” und “Gesellschaft” (“Zivilgesellschaft”), sondern zwischen “Staat” und “Gemeinschaft” (“Land”). Gemeinschaft heißt geistige Vereinigung. Die Gemeinschaft setzt nicht den rechtlichen Formalismus, sondern die Hinwendung zu den geistigen Prinzipien voraus, z.B. zum Prinzip der Konziliarität (Katholizität).

Zivilgesellschaft und geistige Vereinigung sind ganz verschiedene Sachen.

Damit Zivilgesellschaft existieren konnte, ist die Nation und Staatlichkeit und als Folge die nationale Identität und die bürgerliche Identität notwendig. Die bürgerliche Identität in der Zivilgesellschaft ist einer der Typen der Identität. Die bürgerliche Identität entsteht im Zusammenhang mit dem Begriff der Nation.

Es gibt die berühmte Theorie von Helmuth Plessner über die verspätete Nation. Unter dem Begriff der verspäteten Nation versteht man ein Volk, das erst relativ spät in der Geschichte eine staatliche Einigung vollzogen hat. Helmuth Plessner nannte Deutschland in seinem gleichnamigen Werk „Die verspätete Nation“ und schuf damit einen festen Begriff zur Charakterisierung der Besonderheiten der deutschen Geschichte.”25

Hier stellt sich nun die alte Frage: Kann man Russland als eine Nation, einen Nationalstaat betrachten? Könnte und sollte Russland eine Nation sein und dementsprechend sich entwickeln? Diese Frage hat ihre volle Berechtigung. Diese Frage war ja auch für Deutschland in seiner Geschichte einmal sehr aktuell. Erinnert sei an Helmuth Plessners „Die verspätete Nation“.26 Helmut Plessner schuf der normativen Kraft des Faktischen entsprechend, einen festen Begriff zur Charakterisierung des deutschen Volkes, welches relativ spät, folglich verspätet eine staatliche Einigung vollzogen hat.27

Russland ist von unserem Standpunkt aus keine Nation in diesem Sinne, denn es war ein multinationales Reich und ist jetzt eine multinationale Föderation, in welcher 190 Völker wohnen. Die Russen bilden nur 80, 9 Prozent. Sollten die Russen als die Titelnation, die staatsbildende Nation bezeichnet werden, so würde dies die Demütigung der anderen Völker bedeuten. Russland im Maßstab der Nation zu messen, scheint uns ein interessanter Versuch zu sein; er ist jedoch nicht produktiv. Es gibt einen anderen Standpunkt: Russland war niemals eine Nation, ist auch keine verspätete Nation und will keine Nation sein. Was ist dann Russland? Russland ist eine selbständige Zivilisation, eine Welt der Welten (Fjodor Tjutschew, Michael Häfter28). Die Subjekte der Wechselwirkung sind nicht Nationen, sondern ganze Zivilisationen.

Die russische Zivilisationsidentität ist ein anderer Ausdruck der weltweiten Aufgeschlossenheit. Eine solche weltweite Aufgeschlossenheit kann man nur haben, wenn man über den besonderen Typ der Identität – die grenzüberschreitende Identität – verfügt. Eine Identität, die über die kulturellen, ethno-nationalen, konfessionellen Grenzen und über der scheinbar unüberwindlichen «Wasserscheiden des Gedankens» (Pawel Florenski)29 aufgebaut wird.

Russlands Aufgabe ist, solchen Identitätstyp des Selbstbewusstseins in sich zu bilden und zu kultivieren. (Den Dialog zwischen dem Osten und dem Westen zu führen, ist die besondere Zivilisationsbestimmung Russlands infolge seiner europäisch-asiatischen Natur.) Infolge seiner europäisch-asiatischen Natur besteht Russlands besondere Zivilisationsbestimmung darin, den Dialog zwischen dem Osten und dem Westen zu führen. In der Frage „Russland und Europa – Gemeinsamkeiten und Gegensätze“ bildet „Russlands Katholizität“ den Hauptvektor breiter Kreise der russischen Intelligenz. Sie bildet das kulturelle Skelett jedes gebildeten Russen und verbindet uns mit unserer Geschichte und Kultur. In A.S. Puschkins, F.I. Tjutschews, F.M. Dostojewskis, A.A. Blocks usw. Werken ist das Prinzip artikuliert, das wir „die grenzüberschreitende Identität“ nennen, die darin besteht, im Dialog mit den Vertretern anderer Zivilisationsformen sein.

(…) Wir lieben alles: gallischen Esprit,
Der Zahlen kalte Glut, das Ahnen
Des Unbekannten, doch auch das Genie
Des finster brütenden Germanen.

Und wir erinnern uns der Hölle auch,
Der Straßen von Paris. Venedigs Feste
Sind uns so nah wie jener graue Rauch,
Der sich auf Kölns Gemäuer niederpreßte. (…)

(A.A.Block)

Solche Beziehung zu anderen Zivilisationsformen war und ist auch gegenwärtig noch für den russischen Menschen immer unglaublich produktiv und wichtig. Die Ablehnung dieses Prinzips in der modernen internationalen Politik bedeutet jedoch Absage an die grundlegenden Werte und geistigen Orientierungspunkte der ganzen russischen Kultur. Diese Absage wäre hinsichtlich der Position Europas sehr verhängnisvoll.

Der Aufsatz wurde im Januar 2021 für eine Prof. Dr. Peter Nitschke (Universität Vechta) gewidmete Festschrift anlässlich seines bevorstehenden 60.Geburtstages verfasst.

*Autoren:

Gromyko, Nina, D.Sc in Philosophy, Head of Epistemic Technologies Group, Institute for Advanced Studies, named after E.Schiffers, Moscow

Hahn, Karl, Prof.em. Dr. Professor of Political Science (Münster University, Germany) https://www.uni-muenster.de/IfPol/personen/hahn.html https://de.zxc.wiki/wiki/Karl Hahn (Politikwissenschaftler)

Schriftenverzeichnis:

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Fußnoten:

1 Dostojewski F.M. Jüngling. Frankfurt am Main: Insel Verl., 1997. S.666/667.

2 Dostojewski F. M. (1973): Tagebuch eines Schriftstellers. Piper&Co, München 1977/80, S.198/199.

3 Vgl. dazu Karl Hahn (2005): Die Genese des westlichen Differenzparadigmas in Entgegensetzung zum östlichen Einheitsparadigma // Die Auflösung des abendländischen Subjekts und das Schicksal Europas. Hrsg. B. Vogel. München, S. 111-120.

4 Tilliette, Xavier Europa des Geistes und der Geister // Das geistige Erbe Europas. Hrsg. Von Buhr, M. Napoli: Vivarium, 1994. S. 36.

5 Ibid. S.38.

6 Ibid.

7 Lauth R. Die Philosophie Dostojewskis in systematischer Darstellung. [Habilitationsschrift München 1948]. München: Piper, 1950. 568 S.

8 Lauth R. Die Frage nach dem Sinn des Daseins. München: J. A. Barth, 1953. 381 S.

9 Fichte J.G. Wissenschaftslehre 1805. Hamburg: Meiner, 1984. S. 62; 15v2; die Vorlesung Nr. 11.

10 Fichte J.G. Anweisung zum seligen Leben // GA, Hrsg. von Reinhard Lauth, Erich Fuchs und Hans Gliwitzky, Stuttgart – Bad Cannstatt 1962 ff. Band 5, S. 397–580.

11 Fichte J.G. Reden an die deutsche Nation // GA, Hrsg. von Erich Fuchs u. a. Teil 1: Werke, Band 10: Werke 1808–1812. Frommann-Holzboog, Stuttgart-Bad Cannstatt, 2005.

12 Lauth R. Dostojewskis “Traum eines lächerlichen Menschen” als Auseinandersetzung mit Rousseau u. Fichte // Lauth R. Transzendentale Entwicklungslinien von Descartes bis zur Marx u. Dostojewski. Hamburg, 1989. S.422-434.

13 Das geistige Erbe Europas. Hrsg. Von Buhr, M. Napoli: Vivarium, 1994. 909 S.

14 Tilliette, Xavier Europa des Geistes und der Geister // Das geistige Erbe Europas. Hrsg. Von Buhr, M. Napoli: Vivarium, 1994, S. 37.

15 Dostojewski F.M. Tagebuch eines Schriftstellers. München: Fink, 1973. S. 136 f oder http://rulibrary.ru/dostoevskiy/dnevnik_pisatelya/73. Siehe auch: Kablitz, Andreas Ist die Neuzeit legitim?: Der Ursprung neuzeitlichen Naturverständnisses und die italienische Literatur des 14. Jahrhunderts (Dante – Boccaccio). Schwabe AG, 2019, 282 S.

16 Tilliette, Xavier Europa des Geistes und der Geister // Das geistige Erbe Europas. Hrsg. Von Buhr, M. Napoli: Vivarium, 1994, S. 44.

17 Tilliette, Xavier Europa des Geistes und der Geister // Das geistige Erbe Europas. Hrsg. Von Buhr, M.Napoli: Vivarium, 1994, S. 47.

18 Simmel, Georg Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Berlin: Duncker & Humblot, 1983, 7. Auflage, S. 221 f.

19 Dostojewski, F.M. Tagebuch eines Schriftstellers. R. Piper & Co Verlag München 1977/1980, S. 290. (Jahrgang 1877 – Januar – Erstes Kapitel – Drei Ideen).

20 Nitschke, Peter Die Eigentumsfrage im Naturrecht // Norbert Konegen, Peter Nitschke (Hrsg.) Staat bei Hugo Grotius. S. 21 – 48. Eine diesbezügliche Alternative: Hahn, Karl Fichtes und Proudhons Begriff des Eigentums als Recht auf Arbeit// Das geistige Erbe Europas. Hrsg. Von Buhr, M. Napoli: Vivarium, 1994, S. 548 – 557.

21 Tjutschew, Fjodor Russland und der Westen: politische Aufsätze.- Berlin: Kuhn, 1992, S. 52-53.

22 Gromyko Y.W. Die Bemühung der Selbstbestimmung in der modernen Welt. – M.: Puschkin-Institut, 2009. – S. 288-289. (Auf Russisch).

23 Ibid.

24 Vgl. dazu auch: Kellermann, K. Unzeitgemäße Überlegungen zu einer föderativen Politischen Kultur der Lebenszeiträume// Kellermann, K./Nitschke, P. Zur Natur des Föderalen. Hrsg.1997, Münster. S. 57 – 80

26 Plessner, Helmut Die verspätete Nation. Über die politische Verführbarkeit bürgerlichen Geistes. 5. Auflage, Kohlhammer, Stuttgart 1959. 172 S.

27 Vgl. dazu: Hahn, Karl Bemerkungen zu Deutschland als ‚verspäteter Nation‘ – oder Plädoyer für ein deutsches Deutschland in einem europäischen Europa // Hahn, K./ Kellermann, K. Roesler, K. Fragen an Deutschlands Zukunft und seine Stellung in Europa. Münster, 2001. S. 21 – 54. Vgl. auch die entgegengesetzte Position: Schwarz, Hans-Peter Die Zentralmacht Europas. Deutschlands Rückkehr auf die Weltbühne. Berlin, 1994. – und die Rezension von Maier, Hans in Zeitschrift für Politik: Vol. 42, Nr.1, 1995, S.68-70 „Deutschland wird also, wenn es seine Interessen nüchtern zur Geltung bringt, Frankreich (und auch Großbritannien! (sc. den paradigmatischen europäischen Nationen) ähnlicher werden; eine Prognose, die übrigens Stanley Hofmann schon 1990 ausgesprochen hat.“ (S. 69)

28 Häfter, Michael Drittes Jahrtausend wird es nicht geben. Russische Geschichte Spiel mit der Menschheit. Gespräche mit Gleb Pawlowski. M: Europa, 2015. 400 s.

29 Florenski, Pawel An den Wasserscheiden des Denkens. Ein Lesebuch. 2. Auflage, Edition Kontext, Berlin 1994. 328 S.

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